Meine olympischen Winterspiele

Bericht PyeongChang 2018

Meine vierten Olympischen Winterspiele 2018

2016 wurde ich Weltmeisterin. Ich entschloss mich nach langem Überlegen weiter zu rodeln. Als Weltmeisterin im Weltcup zu starten, war für mich ein grosser Anreiz. Dann, als ich 2017 in Innsbruck erneut Vize-Weltmeisterin wurde, war für mich die Zielsetzung klar: alles unternehmen, um an den olympischen Spielen 2018 in PyeongChang auf das Podest zu fahren. Ich wusste, dazu musste ich in athletischer Topform sein und über bestes Material verfügen. Um das zu erreichen, konnte ich auf mein bewährtes Team zählen. Es wurde weiter getüftelt, entwickelt und getestet. Wie üblich habe ich mich in verschiedenen Trainingslehrgängen auf die Weltcuprennen vorbereitet. Es war eine sehr anstrengende Phase, denn ich litt an einer starken Atemweginfektion und war deshalb gesundheitlich stark beeinträchtigt. Im neuen Jahr ging es mir gesundheitlich besser und ich schaffte die Olympiaselektion mit einem 4. und 5. Rang überzeugend. Ich hatte es erreicht, rechtzeitig für die olympischen Spiele bereit zu sein und reiste voller Zuversicht in den fernen Osten. Ich war wieder im Schuss. In Südkorea war ich zum vierten Mal an olympischen Spielen dabei. Ich fühlte mich gut, war fokussiert und athletisch in Topform. Das Training lief ausgezeichnet. Ich war eine der konstantesten Rodlerinnen und fuhr immer vorne mit, hatte keinen Aussetzer. Dann das Rennen: auf einmal passierte für mich das schier Unmögliche! Im ersten Lauf, nach der viertbesten Zwischenzeit grobe Fehler, die ich nur mit viel Geschick ausgleichen und so Schlimmeres verhindern konnte: Rang 17, Riesenenttäuschung! Auch der zweite Lauf missglückte, war zeitlich aber immerhin etwas besser. Am zweiten Tag konnte ich mich einigermassen zurück ins Rennen kämpfen. Die Aufholjagd begann. Mit deutlich besseren Läufen gelang es mir noch auf den 11. Rang vorzufahren. Der Zeitabstand aus den ersten beiden Läufen war aber zu gross, um mich noch weiter zu verbessern. Zudem kam, dass ich auf Grund der Platzierung des ersten Tages mit einer schlechteren Startnummer fahren musste, dann kam noch für mich ungünstiger Schneefall hinzu. Es wollte nicht sein, es waren nicht meine zwei Tage in PyeongChang! Einziger Trost, mein Team war einmal mehr zum Saisonhöhepunkt mit allem bereit gewesen. Es gelang ihnen, die perfekte Abstimmung zu finden. In meiner ganzen Karriere gab es das noch nie, dass mir wichtige Läufe derart misslangen. Völlig untypisch für mich, und auch jetzt mit etwas Abstand immer noch unerklärlich und unfassbar! In PyeongChang erlebte ich – unbeeinflusst von meinem Resultat – die fadesten, sterilsten Spiele. Meiner Meinung nach fehlte es an Flair und Charme. Häufig gingen die Wett-kämpfe stimmungslos und zum Teil mit beschämend wenig Zuschauern über die Bühne. Trotz der offenbar genauen Planung kam es ständig zu unliebsamen Transportproblemen, der Shuttle-Dienst war äusserst unzuverlässig. Ein bitterer Nachgeschmack hinterliess der russische Dopingskandal. Das unverständliche, widersprüchliche und unentschlossene Handeln des IOC’s, obschon erwiesenermassen in Russland über Jahre flächendeckend gedopt wurde, ist unverständlich und eine Beleidigung für alle sauberen Sportler, die regelmässig getestet wurden. Der Glanz der Olympischen Spiele bröckelt, und das ist für mich sehr, sehr enttäuschend. Zudem empfing uns in Südkorea ein alles durchdringender eisiger Wind, der die Minus-Temperaturen noch tiefer fallen liess. Es zog durch alle Ritzen und war überall kalt, dass selbst in unseren Hausgängen die Fenster innen und aussen mit einer Eisschicht über-zogen waren. Selbst im grossen Verpflegungspavillon wehte und kühlte die Lüftung meistens so stark, dass es beim Essen oft ungemütlich war. Das Olympische Dorf war zum ersten Mal keine Wohlfühloase :-). Trotzdem war die Stimmung in meinem Team cool. Rückblickend war es aber eine meiner erfolgreichsten Saisons. Das olympische Rennen war ein Rennen, daneben bestritt ich aber noch neun Weltcuprennen. Es gelang mir in vier Rennen (Winterberg 6. Rang, Königssee 4. Rang, Oberhof 5. Rang, Lillehammer 8. Rang) mein Bestresultat auf diesen Bahnen zu egalisieren oder gar zu übertreffen. In Calgary, 9. Rang, war ich bisher nur einmal besser klassiert. Der 10. Rang an der EM in Sigulda war mittelmässig. Einzig das erste Weltcuprennen in Innsbruck zu Beginn der Saison missriet, da war ich aber stark beeinträchtigt durch heftige Atembeschwerden. So gesehen, alles in allem eine Supersaison bei der einfach das Tüpfchen auf dem I fehlte, aber mir dennoch ein Lächeln schenkt. Ich danke allen, die mir auf meinem bisherigen Weg zur Seite standen, die mich unter-stützten, die mitfieberten, mir immer zahlreiche Nachrichten schrieben, die mich be-glückwünschten, die mich trösteten, die mich begleiteten. Ich bin euch unglaublich dankbar.

Eure Martina