Meine olympischen Winterspiele

Bericht Sochi 2014

Am 24. Februar, nach knapp einem Monat in Russland, kehrte ich von den Olympischen Winterspielen in Sochi zurück. Vor dem Rückflug in die Schweiz haben uns die russischen Offiziellen nochmals gezeigt, wer der Chef ist. Wir sassen drei Stunden im Flugzeug auf der Rollbahn und warteten. Da die Türen offen waren, wurde es äusserst kalt im Flieger. Alles Einmummeln in Schal und Kapuze nützte nichts, viele Sportler haben sich erkältet und stiegen in Zürich hustend aus. Hier empfingen uns Hunderte von Zuschauern mit Fahnen, Transparenten und Kuhglocken. Es war eine fröhliche, ausgelassene Stimmung – ein würdiger Empfang.

Die folgende Woche verbrachte ich vor allem mit Schlafen und Auskurieren der Erkältung. Ich bin immer noch am Verarbeiten der unzähligen, unvergesslichen Eindrücke und einmaligen Erlebnissen. Gerne nehme ich euch mit auf einen kurzen olympischen Rückblick.

Am 1. Februar, mitten in der Nacht komme ich zusammen mit anderen Schweizer Athleten und Athletinnen im olympischen Dorf an. Die drei Stunden Flug von Zürich nach Sochi waren sehr kurzweilig. Vom Flughafen Adler bei Sochi ging die Reise noch 100 km weiter das Tal hoch in den Kaukasus nach Krasnaja Poljana. Hier sind die Wettkampfanlagen für Langlauf, Biathlon, Ski, Bob- und Rodeln und eben auch unser olympisches Dorf. Für den nächsten Tag war ausschlafen und sich von der Reise erholen angeordnet. Doch daraus wurde nichts! Bereits um 6 Uhr in der Früh, nach nur 3 Stunden Schlaf, klopfte es an meiner Tür: Dopingkontrolle! Es hiess, Urin und Blut für die Kontrolle abgeben.

Den ersten Tag im Olympischen Dorf verbrachte ich mit Auskundschaften. Es gab viel zu entdecken: Esshalle, Kraftraum, Freizeithallen, Cafés, Lounges, Kino, Media Center, Post, Coiffeur … kurz, es war alles da, was man brauchte. Wir Schweizer wohnten im 3. bis 6.Stock in einem Wohnblock direkt über dem IOC, dem Internationalen Olympischen Komitee.

Für die Eröffnungsfeier reisten wir wieder zurück nach Sochi in den gros- sen, weitläufigen Olympiapark mit all den Eishallen am Schwarzen Meer. Ich nehme an, dass einige von euch die gigantische Eröffnungsfeier im TV mitverfolgt haben. Die Organisation war beeindruckend. Für uns gab es keine Wartezeiten, alles lief reibungslos. Wir wurden direkt in den Tunnel unter dem Stadion gefahren, stiegen aus und marschierten in die riesige Arena ein. Die prunkvolle, eindrückliche Feier war geprägt mit Darstellungen über die russischen Traditionen, Kulturen und Geschichte. Man gestaltete so richtig nach dem Motto: gross, grösser, am grössten!

Der Bob- und Rodeleiskanal ist schnell und attraktiv. Ich fühlte mich gleich von Beginn weg auf dieser Bahn wohl, und es lief mir im Training hervorragend. Ich freute mich auf jede Trainingseinheit. Ich war bereit. Mir kam es vor, als würde ich schon wochenlang auf dieser Bahn trainieren. Ich fuhr die Läufe meines Lebens. Ich spürte die Beschleunigung aus den Kurven, es ging alles leicht. Ich hatte mich zu einer Medaillenkandidaten entwickelt. Ich wusste, ich fahre so bestechend gut, dass ich auf das Podest fahren kann. Ich muss einfach nur fahren wie im Training, dann reicht es für eine Medaille.

Leider wurde es dann keine Medaille, aber wieder einen Rang in den 9-Besten. Ich fuhr nur mittelmässig, hatte viele kleine, zeitraubende Rutscher. Die Luft war irgendwie draussen. Was hätte ich anders machen sollen? Im Nachhinein bin ich klüger: ich hätte im Training einige Fahrten weglassen sollen, damit die Spannung erhalten bleibt. Aber, wer lässt schon Trainingsfahrten an olympischen Spielen weg …


Meine Olympia-Bilanz lässt sich sehen:

  • 3 x Olympische Winterspiele
  • jedes Mal unter den Besten 9 der Welt!
  • Torino 2006 – 9. Rang
  • Vancouver 2010 – 7. Rang
  • Sochi 2014 – 9. Rang

Nach meinem Einsatz besuchte ich verschiedenste Wettkämpfe und feuerte die andern Schweizer Sportler an. Beim Eishockey, Langlauf, Skispringen, Ski Alpin … überall war ich dabei. Stark beeindruckt hat mich die Skicross-Piste mit den vielen zum Teil gigantischen Sprüngen. Auch Iouri Podladtschikov, mein Kollege aus der Spitzensport-RS, imponierte mich ausserordentlich mit seinen hohen akrobatischen Einlagen in der Halfpipe.

Unzählige schöne und eindrückliche Gedanken und Erlebnisse aus Sochi werden für immer in meinem Herzen bleiben. Ich bin überglücklich, dass ich all dies erleben durfte und danke allen, die mich auf dem Weg nach Sochi unterstützt haben.

Herzliche Grüsse

Eure