Meine olympischen Winterspiele

Bericht Vancouver 2010

Nach knapp einem Monat kehrte ich am 2. März von den Olympischen Winterspielen in Vancouver zurück. Wir, das Schweizer Team, wurden am Flughafen von Hunderten von Zuschauern empfangen. Für mich folgte am nächsten Tag in Hinterkappelen ein grossartiger Gemeindeempfang. Ich freute mich riesig über die vielen strahlenden Gesichter, die mich herzlich und lautstark begrüssten. Die Tage danach verbrachte ich vor allem mit Schlafen und mit dem Verdauen der Eindrücke und Erlebnisse. Gerne nehme ich euch mit auf meine rückblickende olympische Gedankenreise.

Mitten in der Nacht komme ich zusammen mit anderen Schweizer Athleten und Athletinnen im Olympischen Dorf in Whistler an. Die Reise nach Vancouver war sehr kurzweilig. Mit Simon Amman hatte ich einen lustigen und unterhaltsamen Gesprächspartner, mit dem mir die Wartezeiten im Flughafen nie langweilig wurden.

Der erste Tag im Olympischen Dorf verbrachte ich mit auskundschaften. Im Athletendorf gibt es viel zu entdecken: Esshalle, Kraftraum, Freizeithallen, Kaffees, Lounges, Kino, MediaCenter, Post, Coiffeur … kurz, es ist alles da, was man braucht. Wir Schweizer wohnten in verschiedenen aneinander gereihten Chalets. Zusammen mit den Langläufern waren wir Rodler gleich neben dem Swiss Olympic Office und dem Chalets der Bobfahrer untergebracht. Für die Eröffnungsfeier reisten wir nach Vancouver. Die Feier war imposant, sehr herzlich und harmonisch, ganz nach dem Olympia-Motto: Glowing Hearts. Das Einmarschieren mit dem ganzen Swiss Olympic-Team in das riesige BC-Place-Stadion war ein eindrücklicher und bewegender Gefühlsmoment.

Für die Eröffnungsfeier reisten wir wieder zurück nach Sochi in den gros- sen, weitläufigen Olympiapark mit all den Eishallen am Schwarzen Meer. Ich nehme an, dass einige von euch die gigantische Eröffnungsfeier im TV mitverfolgt haben. Die Organisation war beeindruckend. Für uns gab es keine Wartezeiten, alles lief reibungslos. Wir wurden direkt in den Tunnel unter dem Stadion gefahren, stiegen aus und marschierten in die riesige Arena ein. Die prunkvolle, eindrückliche Feier war geprägt mit Darstellungen über die russischen Tradi- tionen, Kulturen und Geschichte. Man gestaltete so richtig nach dem Motto: gross, grösser, am grössten!

Der Bob- und Rodeleiskanal ist schnell und attrak- tiv. Ich fühlte mich gleich von Beginn weg auf dieser Bahn wohl, und es lief mir im Training hervorra- gend. Ich freute mich auf jede Trainingseinheit. Ich war bereit. Mir kam es vor, als würde ich schon wo- chenlang auf dieser Bahn trainieren. Ich fuhr die Läufe meines Lebens. Ich spürte die Beschleunigung aus den Kurven, es ging alles leicht. Ich hatte mich zu einer Medaillenkandidaten entwickelt. Ich wuss- te, ich fahre so bestechend gut, dass ich auf das Podest fahren kann. Ich muss einfach nur fahren wie im Training, dann reicht es für eine Medaille.

Mein Training im schnellen Eiskanal lief hervorragend. Ich freute mich auf jede Trainingssequenz. Mit den Rängen 3 und 4 im Abschlusstraining ging ich mit Freude und Zuversicht in meinen Wettkampf. Ich war nervös wie noch nie. Die Medaillen schienen für mich greifbar nah. Ich freute mich sehr und genoss meine zwei Wettkampftage. Es war ein unwahrscheinlich enges Rennen. Zu den Medaillen fehlte nur wenig. Ich bin überglücklich mit meinem 7. Rang. Ein olympisches Diplom! Im zweiten Lauf sogar Startrekord. Unglaublich! Für mich sind die Olympischen Spiele in Vancouver ein Sieg, ein Sieg über mich.

Nach meinem Wettkampf verbrachte ich drei Tage mit meiner Familie und meinen genialen Fans. Sie wohnten zusammen mit Tatjana Hüfner’s Familie (meiner deutschen Zimmerkollegin) in Vancouver. Zusammen mit ihnen ging ich auf Entdeckungsreise in Vancouver. In dieser Multikulti-Weltstadt war unglaublich viel los und es gab allerhand zu sehen. Die Stadt war wunderschön olympisch geschmückt.

Zurück in Whistler besuchte ich mit Tatjana jeden Tag diverse Sportevents. Wir feuerten unsere Kollegen aus dem Schweizer und dem Deutschen Team lautstark an. Beim Eishockey, Langlauf, Skispringen, Ski Alpin … überall waren wir dabei. Mit der Athletenakkreditierung hatten wir auch Zugang zu den Bereichen, wo sich die Wettkämpfer der verschiedenen Sportarten vorbereiteten. Es war sehr spannend anderen Sportlern zuzuschauen, mit ihnen zu reden und zu fachsimpeln. Ich habe sehr viele interessante Menschen kennengelernt und bin um zahlreiche, wertvolle Erfahrungen reicher geworden. Unzählige schöne und eindrückliche Erlebnisse werden für immer in meinem Herzen bleiben. Ich bin überglücklich, dass ich all dies erleben durfte und danke allen, die mich auf dem Weg nach Vancouver unterstützt haben.

Herzliche Grüsse

Eure